Die ersten Unternehmen überlegen, was nach Corona und der Kurzarbeit kommt. Kündigungen werden in vielen Fällen unausweichlich sein. Um hier aber einen größeren Imageschaden zu vermeiden, kommt es auf die richtige Methode an.
Wirtschaft ist in Aufruhr – vom Start-Up bis zum Konzern
Egal, ob Bosch, Siemens, ZF oder der Automobilzulieferer Conti – sie alle denken öffentlich über Personalabbau nach. Richtig hart erwischt hat es auch viele noch junge Unternehmen wie Clevershuttle, einen Sammeltaxi-Dienst und Ableger der Deutschen Bahn. Rund 850 von insgesamt 1.100 Jobs dürften hier bald dem Rotstift zum Opfer fallen.
Solche Horrorszenarien will Personalchefin Ariane Reinhardt von Conti unbedingt umgehen. Sie ist fest davon überzeugt, dass es auch anders geht und bringt die Absenkung der kollektiven Arbeitszeit ins Spiel. Die Idee: Wenn alle ein bisschen weniger arbeiten, müssen weniger Personen das Unternehmen verlassen.
Kündigungen nach der Krise hinauszögern
Auch die deutsche Start-Up-Szene versucht Kündigungen nach Corona wenn irgend möglich zu umgehen. Wo bitteschön kürzen, wenn ohnehin nur wenige Köpfe den Laden gerade so am Laufen halten? Also werden erstmal Etats zusammengestrichen und Einstellungsprozesse gestoppt. Statt wie bisher um Wachstum um jeden Preis geht’s jetzt ums nackte Überleben. Auch staatliche Rettungsprogramme wie die Corona-Startup-Hilfen mit insgesamt 1,2 Milliarden Euro, die von VC-Fonds finanziert werden, werden daran wohl nicht allzu viel ändern.
Doch so sehr Betriebe aller Größe und Coleur Kündigungen nach Corona auch umgehen wollen – in vielen Fällen werden sie unausweichlich sein. Hierbei sollte jedes Unternehmen einige Punkte beachten. Sonst ist der Imageschaden Programm. Und das wird sich spätestens dann rächen, wenn die Konjunktur wieder anzieht. Wer will schließlich bei einem Arbeitgeber anheuern, der in Krisenzeiten so richtig mies mit seinen Mitarbeitern umgesprungen ist?
Wir haben ein paar Tipps für das richtige Vorgehen für betriebsbedingte Kündigungen wegen Corona zusammengestellt.
1. jetzt schon an morgen denken
Exzellente (digitale) Köpfe sind weiterhin rar. Ohne die richtigen Leute in den Schlüsselpositionen werden viele Unternehmen künftig ihre Digitalisierungsprojekte nicht umsetzen können. Dennoch werden Unternehmen auch in diesen Bereichen Top-Mitarbeiter entlassen müssen. Das betrifft vor allen Dingen jene, die erst kürzlich mit viel Tamtam angeworben wurden. Jetzt müssen sie ziehen, weil sie als Letzte ins Unternehmen kamen.
Der Schock darüber dürfte groß sein. Für sie hat sich das Blatt auf dem Arbeitsmarkt von jetzt auf gleich gedreht. Waren sie es, die noch vor ein paar Wochen in Bewerbungsgesprächen ein Plus an Work Life Balance einforderten, die die 4-Tage-Woche hoffähig machten und das Home-Office lange vor Corona zum Must-Have erklärten, stehen sie nun mit dem Rücken zur Wand. So mancher Arbeitgeber zeigt in der Krise sein hässliches Gesicht und versucht die jungen Top-Talente schnellstmöglich wieder loszuwerden.
Vorsicht! Man sieht sich immer zweimal im Leben. Daher ist ein professioneller, wertschätzender Umgang mit Mitarbeitern Pflicht. Egal, wie sehr einem das Wasser selbst bis zum Halse steht. Eine Kündigung am letzten Tag der Probezeit oder ohne jede Vorwarnung – das geht zum Beispiel gar nicht.So stößt man Mitarbeiter direkt in ein schwarzes Loch. Fair wäre hingegen, die Belegschaft vorab offen und ehrlich über die Lage zu informieren und den Betroffenen in verschiedenen Gesprächen zur Seite zu Stehen. In einem sollte es zum Beispiel darum gehen, wie der Arbeitgeber seine scheidenden Kollegen bei der Jobsuche unterstützen kann.
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2. Freelancer – kein Anschluss unter dieser Nummer
Auch Freelancer müssen derzeit einstecken. Sie gehören nicht offiziell zur Company-Family, waren aber in den letzten Jahren immer da, wenn es darum ging, heiße Kohlen aus dem Feuer zu holen und standen zur Verfügung, wenn andere Mitarbeiter längst im Feierabend waren. Freelancer kennen keine festen Arbeitszeiten, sind nicht an Tarife gebunden und sind höchstflexibel und oft sehr loyal. Doch gerade diese Flexibilität wird ihnen in der Corona-Zeit zum Verhängnis.
Plötzlich ist der Projektleiter nicht mehr ansprechbar, Termine werden ohne Nachricht abgesagt. Erst nach und nach drängt sich betroffenen Freelancern die bittere Gewissheit auf: „Ich bin raus.“ Die Alternative: Nicht alles canceln und ein kleines Budget als Zeichen des guten Willens und mit Blick auf die künftige Zusammmenarbeit zur Verfügung stellen. Ansonsten befinden sich Selbstständige im freien Fall – ohne Anspruch auf Arbeitslosengeld I.
Wertschätzung für die geleistete Arbeit sieht anders aus. Unternehmen sollten bedenken: Sollten sie die Zusammenarbeit irgendwann wieder aufnehmen wollen, wie sieht diese dann aus? Von einem Vertrauensverhältnis kann ganz sicher nicht die Rede sein. Wenn der Freelancer dem Markt dann überhaupt noch zur Verfügung steht. Im schlimmsten Fall musste er sein Unternehmen nämlich in der Zwischenzeit dicht machen. So vergeben sich Unternehmen viele Chancen.
3. Kündigung per WhatsApp – unwirksam und unmöglich
Es geht aber noch doller, wie das nächste Beispiel zeigt: Eine Kündigung auszusprechen, ist eine unangenehme Sache. Mancher Arbeitgeber macht’s daher direkt schriftlich. Nach § 623 BGB bedarf die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses ohnehin der Schriftform. Gemeint ist jedoch ein Schreiben auf Papier, das vom Arbeitgeber offiziell unterschrieben wurde, aber bestimmt keine Kündigung per WhatsApp. Die ist aber nicht nur arbeitsrechtlich ein No Go, sondern auch auf der menschlichen Ebene.
Egal, ob Student oder Professional – dass sich der Arbeitgeber über eine elektronische Nachricht aus der Affäre ziehen will, wird bei diesen gar nicht gut ankommen. Und das fällt wie ein Bumerang auf das Unternehmen zurück. Denn die enttäuschten Kollegen werden ihrer Wut auf Social Media und auf Arbeitgeberbewertungsportalen Luft machen. Gar nicht gut für die Employer Brand! Also: Unbedingt miteinander reden!
Tipps, wie es besser geht
Fazit: Schlechte Kündigungen sprechen sich schnell herum und wirken sich lange negativ auf die eigene Arbeitgebermarke aus. Für betroffene Mitarbeiter sind sie ein Schock, der noch lange nachhallt und auf die Psyche drückt.
Wichtig ist:
- Dem direkten Gespräch nicht aus dem Weg gehen
- Offen und transparent die Gründe für Kündigungen zu benennen
- Frühzeitig zu kommunizieren
- Hilfe anzubieten
- Ein offenes Ohr für die Sorgen der Kollegen zu haben
Ein wertschätzendes Verhalten gegenüber scheidenden Mitarbeitern wirkt sich auch auf die bleibende Belegschaft aus. Sie sieht: Auch in Krisenzeiten lässt der Arbeitgeber niemanden allein. So wird die Motivation der restlichen Arbeitnehmer nicht leiden. Das wäre nach Corona möglicherweise der endgültige Todesstoß fürs Unternehmen.
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