Neue Arbeit braucht neues Talent Management
Die Arbeitswelt wird komplexer und schnelllebiger und der Innovationsdruck steigt. Umso wichtiger ist es, dass die ganze Firma mitdenkt. Von unten nach oben, von oben nach unten und kreuz und quer. Dabei können neue Impulse nicht radikal genug eingebracht werden. Denn nur wer über das Bestehende hinausdenkt, schafft echte Innovationen und nicht das Update des Updates. Die These: Es braucht mehr Talententwicklung, Unternehmen sollten in ihrem New Talent Management mehr auf kreative Zerstörer, als auf Karrieristen setzen.
Digitalisierung: Tempo, Tempo und nochmal Tempo
Kein Studienabschluss, ein Hang zum Schmuddel-Look, dafür aber ausgeprägte Kenntnisse in Elektroniktechnik und Produktdesign. Besondere Fähigkeiten: Kalligraphie und der Blick über den Tellerrand. Hand aufs Herz! Mit einem solchen Lebenslauf hätte kein Talent auch nur den Hauch einer Chance, zu einem Jobinterview eingeladen zu werden.
Steve Jobs macht es vor
Dabei gehört diese Vita zu keinem Geringeren als Apple-Gründer Steve Jobs, einem der größten Innovatoren unserer Zeit. Seine Ideen haben die Art und Weise verändert, wie wir kommunizieren, Musik hören und Daten verarbeiten. Jobs hat auch einen wesentlichen Anteil daran, dass heute alles miteinander vernetzt ist, effizienter und schneller geworden ist. Sein Markenzeichen: Nonkonformismus. Jobs nahm nichts als gegeben hin und sah nichts als unmöglich an. Damit hat er Großes bewirkt.
Unternehmen sollten einmal überlegen, wie viel Potenziale sie bisher verschenkt haben, weil sie Personen wie Jobs, die in keine Schublade passten, sich offen und kritisch äußerten und mit radikalen Verbesserungsvorschlägen aufwarteten, die Karriere-Chance verwehrt haben. Das sollten sie ändern! Denn genau dieser Persönlichkeiten bedarf es mehr denn je.
Wandel der Wertschöpfungskette
Warum? Das verdeutlicht ein Beispiel aus dem Industriebereich. Vernetzte Geräte tauschen schon bald rund um die Uhr Informationen aus und lösen selbstständig Prozessketten aus. Die Maschinen reagieren auch eigenständig auf veränderte Bedingungen. Meldet ein Zulieferer etwa Engpässe, drosseln sie die Produktion und reduzieren die beim Logistik-Dienstleister gebuchte Fahrzeugflotte, die für den Transport fertiger Güter bestimmt war.
So oder so ähnlich wird es bald überall zugehen. Und je mehr die Vernetzung smarter Maschinen voranschreitet, umso weniger wird der Mensch für Routinearbeiten gebraucht. Ersetzbar ist er deswegen nicht. Für ihn bleibt der Bereich der Wissensarbeit: Strategisches Denken und Kreativität rücken immer stärker in den Mittelpunkt. Der Mensch entwickelt Produkte weiter und schafft Innovationen. Darauf versteht sich der Computer nicht.
Talent Management neu denken
Gefragt sind in der Arbeitswelt von morgen daher nicht mehr die stromlinienförmigen Karrieristen, die kreativem, disruptivem Gedankengut eher aus dem Weg gehen. Denn genau auf dieses sind Unternehmen angewiesen. Sie brauchen Wissensarbeiter, die wie Steve Jobs auch mal den Mut haben, bei einem Projekt den Stecker ziehen, wenn sich eine bessere Lösung abzeichnet. Mitarbeitende müssen Neues wagen und Altes hinter sich lassen und über bestehende gedankliche Grenzen hinausdenken. So entsteht Innovation. Alles andere ist alter Wein in neuen Schläuchen.
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Kreative Zerstörer gesucht
Man könnte sogar so weit gehen und sagen: Moderne Unternehmen brauchen Zerstörer. In der vernetzten Wirtschaft brauchen wir Menschen, die es mögen, sich selbst und das was sie tun, immer wieder neu zu erfinden. Die wie kleine Kinder Spaß daran haben, erst den Lego-Turm mühevoll aufzubauen und dann mit gleicher Lust wieder zu zerstören, um Platz für eine neue, noch bessere Idee zu machen. Dazu brauchen sie Raum für Experimente und müssen auch mal scheitern dürfen. Ergo: Damit Unternehmen im digitalen Zeitalter überleben können, ist ein völlig neues Talent Management nötig.
Der neue Talent-Begriff
Um die Frage zu beantworten, wie dieses neue Talent Management konkret aussehen könnte, muss zunächst der Begriff Talent neu definiert werden. Ist Konformismus out, brauchen Mitarbeiter stattdessen Fähigkeiten wie:
- Visionskraft
- Veränderungsbereitschaft
- Lernagilität
- Fähigkeit zur Kollaboration
Daraus ergeben sich:
7 Forderungen an das Talent Management der Zukunft:
- Agil & Innovativ: Talent Management ist agil und fördert innovative, kreative Karrierepfade.
- Demokratisch: Talent Management fördert auf breiter Basis diverse Talente im Unternehmen.
- Digitale Mobilisierung: Talent Management nutzt digitale Tools & Techniken
- Vernetzt: Talent Management fördert Communities, Netzwerke & Kollaboration.
- Potentialorientiert: Talent Management befähigt Mitarbeiter, verborgene Talente zu entdecken
- Partizipation: Talente werden aktive Mit-Gestalter
- Selbstwirksamkeit: Talent Management und Talententwicklung unterstützt Selbstwirksamkeit & Selbstorganisation.
Der Weg zum neuen Talent Management
Zugegeben: Der Weg dorthin ist kein einfacher und kann nur in aufeinander abgestimmten Schritten bewältigt werden. Lösen Sie sich zum Beispiel von festem Rollendenken. Alle Menschen haben den Drang, das zu tun, was sie besonders gut können. Die Rolle, die sie ausüben, lässt das aber häufig nicht zu 100 Prozent zu. Damit verschenken Sie Potenziale! Anstatt in Rollen zu denken, sollten Sie in Skills denken und jedem Projekt individuell die passenden Mitarbeiter zuordnen.
Potentiale durch Coaching aufdecken
Setzen Sie Coachings auf, die Talenten helfen, Potentiale zu entdecken und helfen Sie Ihnen mit einem agilen Personaleinsatz, sich frei zu entfalten. Suchen Sie in Ihrer Organisation Projekte, Aufgaben und Themen, die den Stärken Ihrer Mitarbeiter entsprechen und übertragen Sie gezielt Verantwortung. Lassen Sie zu, dass Mitarbeiter Ihre Meinung sagen und ihre Ideen frei äußern. Etablieren Sie dazu enge Feedbackschleifen.
Bieten Sie Ihren Mitarbeitern außerdem ein agiles Arbeitsumfeld an. Eines, in dem Arbeit nicht dann verrichtet werden muss, wenn die Stechuhr es vorgibt, sondern, wenn die Kreativität sprudelt. Eines, das mit dem privaten Leben harmoniert und nicht mit ihm kollidiert. Das reduziert Stress und Druck und fördert kreative Gedanken. All das ist möglich dank flexibler Arbeitszeiten, Teilzeit-Modellen und Home-Office-Lösungen. Nicht zuletzt sollte eine moderne technische Ausstattung orts- und zeitunabhängiges Arbeiten und die Vernetzung mit Kollegen ermöglichen.
Wohlfühlatmosphöre im Büro
Arbeitgeber, die ihren Mitarbeitern all das bieten, werden viel zurückbekommen: Loyalität, Begeisterung und Einsatzbereitschaft. Und: Wer in einem so motivierenden Umfeld arbeitet, wird auch gerne mal die ein oder andere Extrameile für den Arbeitgeber gehen. Das tut man übrigens umso lieber, wenn man sich im Büro wohlfühlt.
Auch dieser Aspekt ist ein wesentlicher Bestandteil des neuen Talent Managements: Vorbei die Zeiten grauer Korridore und Einzelbüros im fahlen Neonlicht. Der Büro-Standard bewegt sich immer mehr in Richtung Caféhaus-Stil mit flexiblen Raumkonzepten, in denen man entweder gemütlich plaudern, konzentriert arbeiten oder im Team Ideen ausbaldowern kann.
Mitarbeiter im Mittelpunkt des Wandels
Das Digitalzeitalter fordert mehr als nur die Einführung technischer Lösungen. Mindestens genauso wichtig ist, den einzelnen Mitarbeiter, die einzelne Mitarbeiterin zum Mittelpunkt des Wandels machen. Nur Mut! Es lohnt sich.
Hinweis: Der Artikel von Ursula Vranken erschien erstmalig in der englischsprachigen Ausgabe des dotmagazine.
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