Digital Leader haben Follower – Interview mit Harald Schirmer von Continental

Die digitale Revolution schreitet in großen Schritten voran.  Auf kurz oder lang wird jede Branche und jedes Unternehmen vor der Frage stehen: Was muss ich tun, damit ich den Anschluss nicht verpasse, wie mache ich Mitarbeiter und Organisation fit für die Zukunft, wie werden aus Managern Digital Leader?

Harald Schirmer, was tut Continental um sich fit für die Zukunft zu halten?

Wir sind in der glücklichen Lage, nicht erst jetzt mit unserer „Transformation“ begonnen zu haben. Schon vor mehreren Jahren wurde eine globale Kulturinitiative ins Leben gerufen – drei der darin enthaltenen Kernwerte sind auf eine zukunftsorientierte Unternehmenskultur zur kreativen Zusammenarbeit, zum Lernen und Austausch ausgerichtet. Dass kombiniert mit dem frühen Einstieg in internes soziales Netzwerken und unsere besonders hohe Diversität helfen uns heute agil und „frei(er)“ zu agieren. Heute wachsen auf diesem „Humus“ in vielen Bereichen unzählige Initiativen, die sich an unserer digitalen Vision ausrichten.

Sie verantworten die Themen Digital Transformation und Change- was ist für Sie persönlich die größte Herausforderung  in dieser Rolle?

Ich liebe es mit Menschen zu arbeiten, die „wollen“ und NeuGierig sind. Bisher gelang es mir meist dafür in unserem globalen Unternehmen genug Freiwillige zu finden (virtuelle, nicht-disziplinarische Teams). Jetzt gilt es Wege zu finden die große Mehrheit – und eben auch diejenigen, die erst einmal nicht wollen, für die Zukunft und damit verbundene Veränderungen zu begeistern.
Hier systemisch und strategisch zu intervenieren und gleichzeitig genug operativen, positiven „Schub“ als Vorbild und Wegbereiter zu leisten, ist sehr fordernd.

Wie verändert sich aus Ihrer Sicht Führung – was bleibt, was kommt? Wie sieht gutes Digital Leadership aus?

In einem Satz – schwierig, da es nicht um Methoden sondern Haltung geht – vielleicht so: Viele Führungskräfte sollten sich von Offizieren zu „Eltern“ entwickeln – und je nach Aufgabe und Mitarbeiter auch zwischen beiden Führungsstilen wechseln können, ohne Authentizität zu verlieren. Wir werden weiterhin Bereiche haben, in denen Qualität, Prozesstreue und Effizienz durch Managementmethodik (Drucker) sichergestellt werden muss. Im Kreativbereich, Innovation aber auch zu Beginn von „etwas Neuem“ brauchen wir „Startup-Mentalität“ (Mut, Respekt, Experimentierkultur, NeuGier, VorFreude, Freiheit…)
Ein guter digitaler Leader ist auf einer Mission und hat Follower.

Was sind aus ihrer Sicht die wichtigsten Führungsprinzipien, auf die Sie in Zukunft bei Conti setzen?

Unsere gemeinsame Wertebasis: Vertrauen, Verbundenheit, Freiheit, Gewinnermentalität und den sich daraus ableitenden „Verhaltensweisen“, die in OUR BASICS beschrieben sind.

Was müssen Manager und Mitarbeiter lernen, um mit den Veränderungen Schritt zu halten? Wie kann sich jeder einzelne fit machen?

Lebenslanges Lernen und den Umgang mit Veränderung. Es geht nicht mehr nur darum einzelne Themen zu meistern, sondern den stetigen Wandel als gegeben und Chance zu erkennen. Lernen und Austausch auch in der Breite, um Zugang zu mehr Optionen, sowie „fließendem“ Wissen zu bekommen (z.B. durch aktive Beteiligung an sozialen Medien wie Twitter oder Innovationsplattformen wie Kickstarter). Wenn sich Mitarbeiter und Manager auf Augenhöhe begegnen, können Sie gemeinsam die Komplexität meistern.

Neben einem neuen Führungskräfte-Entwicklungsframework bieten wir mit Working Out Loud persönliche Weiterbildung für Fähigkeiten im digitalen Zeitalter und mit CoachNet einen globalen Bildungskanal an (Kombination aus virtueller Community, Netzwerk, Zugang zu Wissen, Trainings und Materialien sowie physischen BarCamps)

Welche Rolle hat das Personalmanagement aus Ihrer Sicht in dem Transformationsprozess?

Wir haben uns bereits umbenannt zu „Human Relations“, was einen ersten Eindruck gibt. Ich sehe HR als Taktgeber, da es in der digitalen Transformation zum Großteil um Menschen, deren Haltung und ihre Kultur geht. Hier kann HR in vielen Bereichen positive wirken, Rahmenbedingungen schaffen, positive Beispiele sichtbar machen und fördern – vor Allem vorleben.

Sie sprechen auf dem Summit unter dem Leitmotto „Geschwindigkeit erhöhen durch Partizipation“ – verraten Sie uns schon jetzt kurz was Sie damit meinen?

Change Management sprach schon immer von Beteiligung als wirksamstem Mittel gegen Widerstand. Früher war Beteiligung jedoch limitiert auf Umfragen, wenn es um größere Organisationen ging. Heute stehen uns über Enterprise Social Networks völlig neue Möglichkeiten offen, um alle! Mitarbeiter an Veränderungsprozessen aktiv zu beteiligen. Dazu ist moderne Medienkompetenz gefragt, die bisher in Führungspositionen nicht notwendig war. Wer heute versteht, wie man Soziale Netzwerke aufbaut und aktiviert, ist in der Lage völlig neu mit Komplexität, Veränderung und Effizienz umzugehen. Welche Rolle hier Transparenz spielt, werde ich im Vortrag klären.

Digital Leadership im entwicklergetriebenen Enterprise – Interview mit Seriengründer Oliver Thylmann

Oliver Thylmann ist Vater, Geek, First Adopter und Seriengründer. Seit 1995 im Internet geschäftlich unterwegs, hat er diverse Firmen gegründet, im SEO/SEM Bereich gearbeitet als Google noch keiner kannte, lokale und internationale Werbeplattformen gebaut und nach dem Verkauf von Adcloud 2 Jahre bei DPDHL gearbeitet.

Hallo Oliver, Du bist dieses Jahr einer der Top-Speaker auf dem ersten Digital Leadership Summit, den das IPA zusammen mit Web de Cologne  am 21.6.2016 in Köln ausrichten.

Du hast der Einladung gleich zugestimmt- warum ist das Thema „Leadership“ für dich wichtig?

Für mich hängt der Erfolg eines Unternehmens stark mit seiner Führungsstruktur zusammen. Ich beschäftige mich schon sehr lange mit der Frage, wie muss eine Firma aussehen, um Mitarbeiter zu begeistern und ihre intrinsische Motivation zu fördern.

Wir beschäftigen bei Giant Swarm  alles hochkarätige Softwareentwickler, die nur ihre Leistung bringen, wenn es uns gelingt eine Atmosphäre zu schaffen, in dem sie sich wohl  fühlen und entfalten können.

Diesen Leuten Vorgaben  á la „command und  control“  zu machen,  wäre aberwitzig. Sie wissen selber am besten was zu tun ist und vor allem auch wie.

Für mich funktioniert gute Führung nur über die Ausrichtung an einer glaubwürdigen Vision und Sinnstiftung. Erst wenn wir es schaffen  unsere Ziele verständlich zu machen und  unsere Leute an die Produktidee zu 100% glauben, werden wir erfolgreich sein.

Sehr gute Softwareentwickler wollen an Herausforderungen arbeiten, sich mit den Besten messen und austauschen – das sind die Motivatoren, die wir in der Führung berücksichtigen müssen.

Wir sind als Führungskräfte eher als Trainer und Coaches gefragt und müssen für die richtige Arbeitsatmosphäre und eine gute Infrastruktur sorgen.

Du hast schon mehrere Firmen gegründet und geführt, was sind die Führungsprinzipien, die sich für Dich bewährt haben?

Hier sehe ich 3 wesentliche Aspekte:

Führen durch Feedback

Zunächst sehe ich, wie wichtig es ist regelmäßiges und gutes Feedback zu geben. Ob bei Adcloud oder jetzt bei Giant Swarm die Kollegen haben großes Interesse daran und erwarten auch Feedback, um sich weiter zu entwickeln. Anderes wäre Spitzenleistung aus meiner Sicht nicht möglich.  Bei uns ist das Bestandteil unserer täglichen Kommunikation, aber wir haben es auch systematisch in unseren Systemen hinterlegt.

Führen durch Freiräume

Freiräume sind total wichtig um Neues zu denken und auch die Firma weiter zu entwickeln. Hier habe ich allerdings festgestellt, dass nicht jeder den gleichen Freiheitsgrad braucht oder auch anstrebt. Ich habe gelernt, die Freiräume individuell zu graduieren und darauf zu achten, wer sich wann mehr Anleitung oder Aufmerksamkeit wünscht.

Führen durch Transparenz

Bei uns haben wir maximale Transparenz über alle Information für jeden, d.h. auch über die Gehälter. Wir wollen das interne Unternehmertum fördern, in dem jeder alle relevanten Informationen hat und auf der Basis auch besser entscheiden kann. Ich bin davon überzeugt nur wenn die Leute komplett Bescheid wissen, können Sie auch im Namen der Firma agieren und sinnvolle Entscheidungen treffen. Das ist natrülich ein Prozess, den wir alle jeden Tag noch lernen müssen, aber die Richtung stimmt.

 Welche Rolle spielt Geld und Gehalt für die Motivation bei Euch?

Sehr gute Entwickler haben ihren Preis und sind im Zweifel  5x mehr wert als ein guter Entwickler. Das heißt aber nicht, dass das Gehalt auch 5x so hoch liegen muss. Hier geht es um  Angemessenheit und die Einordnung des individuellen Gehalts in das Teamniveau.

Deswegen haben wir uns entschlossen alle Gehälter transparent zu machen. Jeder weiß von jedem was er verdient und auch warum. So kann sich jeder mit seinen Kompetenzen einordnen und bekommt auch  Feedback an welchen Skills er ggf. noch arbeiten muss.

Das Gehalt muss am Ende natürlich für jeden stimmen, spielt aber als Motivationsfaktor nur eine sehr untergeordnete Rolle

 Welche Führungstipps hast Du für Gründer?
  1. Stelle nur Leute ein, die an Deine Geschäftsidee glauben und von selber in die richtige Richtung rennen.
  2. Lerne von Anfang an zu delegieren und rekrutiere dafür die Besten.
  3. Wenn das Unternehmen wächst, verpasse nicht den Zeitpunkt an dem es mehr Struktur und Führung braucht.

Oliver, vielen Dank für das Interview und wir sind gespannt auf Deinen Vortrag am 21.6 zum Thema:

Führen von Wissensarbeitern – Wie das Management in einer durch Software betriebenen Welt funktioniert“

 

Auch interessant zum Thema: Digital People Management – 4 Gründe warum es nicht mehr ohne geht

 

 

Review Cologne IT Summit: ‚Personal 4.0 – digital vernetzt & virtuell geführt‘

„Digitalisierung – von Branchen lernen“ – so das Kongress-Motto des mittlerweile 6. Cologne IT Summit am 28. Januar 2016 in der Kölner IHK  mit 450 Teilnehmerinnen und Teilnehmern. Die Themenpalette rund um die Digitale Transformation reichte von Mobilitätsstrategien für Automotive, Finanzdienstleistungen, Fintech über Smartcommerce und IT-Sicherheit für Transport und Logistik – bis hin zu wichtigen Impulsen für die Personalwirtschaft. IPA-Institut Geschäftsführerin Ursula Vranken diskutierte beim Panel „Personal 4.0 – digital vernetzt und virtuell geführt‘ mit HR-Experten wie Stefan Riese, Geschäftsführer DB-Training und Dr.-Ing. Alexander Brändle, Leiter Campus Bergisch Gladbach, Fachhochschule der Wirtschaft Nordrhein-Westfalen gGmbH – moderiert von Erwin Stickling, Chefredakteur des Fachmagazins ‚Personalwirtschaft‚. Die Thesen im Überblick…

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Digital Leadership Nachholbedarf für Unternehmen – IPA Workshop bietet Lösung

Studie betont Nachholbedarf in Sachen Digital Leadership

Die jüngste Studie des Center for Leadership and Behavior in Organization (CLBO) hat in Zusammenarbeit mit 4 Partnern (DGFP, PersonalWirtschaft, Groß &Cie) die Bedeutung und Rahmenbedingungen der Digitalisierung auf den Führungsalltag untersucht.

Digital Leadership kaum in Unternehmen angekommen

Zentrales Ergebnis der Studie: Deutsche Unternehmen haben hinsichtlich Digital 
Leadership einen hohen Nachholbedarf. Es wird höchste Zeit sich fit für die Zukunft zu  machen und das bedeutet vor allem eins: Führungskräfte und Manager müssen die Führungs- und Unternehmenskultur ihrer Organisation auf das digitale Zeitalter ausrichten.

Wissens- und Kompetenzdefizite bei Managern

Die 325 Studienteilnehmer schätzen die Bedeutung der Digitalisierung übergreifend in allen Unternehmensbereichen als hoch ein. Gleichzeitig räumen  sie Wissensdefizite in den Bereichen digitale Methoden und Instrumente, Einsatz und Nutzung sozialer Medien oder auch neue Formen der Kollaboration ein.

Die Selbsteinschätzung der Befragten (Geschäftsführer und Führungskräfte) zeigt, dass die eigenen Fähigkeiten am geringsten in der Nutzung von Digital Leadership für Koollaboration oder Leistungsbewertung, bei der Entwicklung neuer Führungskompetenzen oder der Führungskommunikation bestehen.

Handlungsbedarf besteht – Widerspruch zwischen Bedeutsamkeit und Kompetenzaufbau

Die Befragten wollen das Thema Digital Leadership zwar aufnehmen, bevorzugt durch Austausch und Learning by doing, aber nur wenige haben bereits Schulungen geplant. Dies wird von den Studienautoren auch als „Henne-Ei-Problem“ beschrieben.

Auch hier besteht die Gefahr, dass das Thema Digitalisierung als „rein technisches Problem“(IT Systeme) und weniger als Führungsherausforderung.

DGFP-Geschäftsführerin Katharina Heuer stellt dem gegenüber: „Die digitale Transformation braucht individuellere Führungsmodelle. Das Selbstmanagement ist dabei eine der Schlüsselkompetenzen für Führungskräfte.“

Workshop Angebot des IPA – Digital Leadership

Für Fach- und Führungskräfte, die jetzt Ihre Kompetenzen  weiterentwickeln wollen und sich über die digitalen Trends informieren wollen, hat das IPA ein eigenes Kompetenz-Programm entwickelt.

Kompakt & komprimiert gibt es den halbtägigen ORIENTATION WORKSHOP – Digital Leaderin Köln.

Für intensives Training und Auseinandersetzung mit dem Thema Führung gibt es die Weiterbildung zum Digital Leader.

Mehr Infos

 

 

 

 

 

 

 

 

Digital Women auf der Überholspur – Tijen Onaran über weibliche Führung

WIE – Women in E-Commerce – will Frauen aus der digitalen Branche miteinander vernetzen und Raum für Kooperationen schaffen. Wir wollten wissen, was die WIE-Frauen erfolgreich macht und sprachen mit Tijen Onaran, Initiatorin des Netzwerks und Leiterin Kommunikation beim Händlerbund.

Warum sind Sie auf die Idee gekommen, eine neue Initiative für Frauen zu gründen?

Weil es eine Initiative, die die Frauen aus der digitalen Branche miteinander vernetzt und zwar unabhängig davon, ob sie Gründerinnen oder Entscheiderinnen aus Unternehmen sind, in der Form noch nicht gab. Und da ich es bei dieser Feststellung nicht einfach belassen wollte, habe ich es selbst in die Hand genommen und WIE gegründet.

Was macht E-Commerce für Frauen interessant?

Die E-Commerce Branche ist vielseitig und innovativ. Nicht nur für Frauen, sondern auch für Männer bietet E-Commerce viele Chancen, insbesondere dann, wenn eine gute Geschäftsidee vorliegt. Zu Beginn ist es möglich, mit überschaubarem Aufwand ein Online-Business zu starten und die eigene Idee schnell zu realisieren. Und: E-Commerce ist nicht nur für diejenigen spannend, die ein eigenes Business etablieren möchten, sondern auch für die, die in Unternehmen die Digitalisierung verfolgen. Es ist also eine verbindende und übergreifende Branche, die für ein Netzwerk wie WIE eine spannende Grundlage bietet.

Warum gründen Frauen? Was sind die Hauptmotive, den scheinbar sicheren Angestellten-Job für das Abenteuer „Gründen“ aufzugeben?

Der Dreh- und Angelpunkt beim Gründen ist sicherlich die gute Geschäftsidee – verbunden mit der Leidenschaft für ein Business. Wer gründet, glaubt an den Erfolg der eigenen Idee und hat alle Worst-Case-Szenarien durchgespielt. In dem Moment ist der sichere Angestellten-Job zwar präsent, aber nicht ausschlaggebend. Es geht dann vielmehr darum, ob die Geschäftsidee realisierbar ist und es sich um ein tragfähiges Modell handelt oder doch nur eine Spielerei ist.

Was braucht eine Gründerin, um erfolgreich zu sein?

Wer gründet nur um sich selbst zu verwirklichen wird nicht erfolgreich sein. Der Erfolg liegt in der Entwicklung eines tragfähigen Business und darin seine eigenen Stärken und auch Schwächen realistisch einzuschätzen. Wen ich eher die Strategin bin, brauche ich noch Verstärkung im Bereich Umsetzung und im Operativen. Bin ich eher ein Organisationstalent, braucht es noch einen analytischen und strategischen Kopf. Sprich: die ehrliche Auseinandersetzung mit dem was ich will und was ich kann, ist entscheidend.

Welche 3 Kernkompetenzen sollte eine „Leaderin“ mitbringen?

Durchhaltevermögen, Leidenschaft und eine gute Distanz zu sich und anderen. Gerade wenn es darum geht, die eigene Idee in die Wirklichkeit umzusetzen, ist die Begeisterung vom geplanten Business groß. Doch es gibt Menschen, die diese Begeisterung zwar teilen, aber nicht mit der Leidenschaft, die man selbst an den Tag legt. Hier eine gesunde Distanz zum eigenen Tun und Handeln zu haben und immer auch den Blick der Gegenseite einzunehmen, hilft sicher.

Ist das Arbeitsklima in den von Frauen geführten Unternehmen anders?

Entscheidend ist hier nicht das Geschlecht, sondern die Persönlichkeit und die berufliche Sozialisierung. Wer in einem Konzern gelernt hat, wird anders führen als jemand, der in der Startup-Szene Erfahrungen gesammelt hat. Strukturen prägen den eigenen Führungsstil: sowohl in dem Sinne, dass im eigenen Unternehmen der erlernte Führungsstil weitergeführt wird, als auch dass das Erlebte einem genau zeigt, wie es nicht gehen kann.

Funktioniert hier die Vereinbarkeit von Beruf und Familie besser?

Zum Teil besser, zum Teil aber auch schlechter. Die Nachvollziehbarkeit für die familiäre Situation ist sicherlich da, das heißt aber nicht, dass es automatisch dazu führt, dass weibliche Chefs mehr Verständnis haben. Ich glaube, die Vereinbarkeit von Familie und Beruf in Unternehmen funktioniert dann, wenn es bereits eine gewisse Grundstruktur gibt, die Raum für unterschiedliche Arbeitszeitmodelle lässt. Viel hängt auch von der Branche ab, in der ich arbeite. Ist es eine, die sich hauptsächlich im digitalen Raum abspielt, ist das Thema Präsenzkultur sicherlich ein anderes als bei einer Branche, die von der Präsenz der Mitarbeiter lebt.

Gibt es aus Ihrer Sicht so etwas wie einen weiblichen Führungsstil oder einen Stil, der über die Unternehmen hin weg als „common sense“ erkennbar ist?

Auch hier würde ich es nicht aus der Geschlechter-Perspektive sehen, sondern die individuellen Persönlichkeiten betrachten. Der Leadership-Experte Prof. Dr. Thomas Armbrüster plädiert beispielsweise für Professionalität und Integrität von Führungskräften und sagt, dass der Ruf nach Authentizität ein Irrweg ist. Dem würde ich mich anschließen, wenn es darum geht einen guten Führungsstil zu definieren. Das bedeutet nicht, dass man sich ständig verbiegen sollte. Sondern vielmehr, dass gerade im beruflichen Umfeld professionelles Verhalten zielführender ist als sich in beruflichen Situationen ständig selbstverwirklichen zu wollen. Die Gründerinnen, die mir über WIE begegnen, haben diesen „kühlen Kopf“ und sind in ihrem Denken und Handeln professionell und integer.

Wenn Sie einen Tipp geben würden für Frauen, die noch zögern sich selbständig zu machen:

Zögern ist per se nicht schlecht – im Gegenteil, es hilft auch, die Idee noch einmal zu durchdenken. Zu reflektieren, was es noch braucht, damit ich starten kann. Wenn dieser Punkt gekommen ist, direkt in die Umsetzung gehen und sich nicht darüber Gedanken machen, dass es nicht klappt, sondern wie es klappen kann!

Was wünschen Sie sich für die Zukunft des Netzwerkes? Was steht als nächstes auf der Agenda?

WIE soll wachsen und über verschiedene Formate in unterschiedlichen Städten zur Sichtbarkeit der Frauen aus dem E-Commerce beitragen. Wichtig ist mir, Frauen zu inspirieren und die Geschichten von Frauen zu erzählen! Als konkreter nächster Punkt steht ein Event in Hamburg im Februar 2016 auf der Agenda.

Schlechter Chef- ein Kündigungsgrund?

 

„Ja, ein schlechter Chef ist ein Grund zum Wechseln“, sagen ein Großteil der 7000 Beschäftigten und rund 700 Personalverantwortliche, die in einer Studie zur Arbeitsqualität in Deutschland im Auftrag des Bundesarbeitsministeriums befragt wurden.

Geld motiviert nicht (genug)

Es ist eben nicht das Geld, die Entlohnung, sondern ein guter Chef und nette Kollegen, die für die Entscheidung „Bleiben oder Gehen“ verantwortlich sind.

Fragt man Jobwechsler sagen rund drei Viertel (76%)  „bessere Vorgesetzte“ und „faire Behandlung durch Kollegen“ waren der Hauptgrund für die neue Stelle.

Faire Behandlung gewünscht

Danach folgen „veränderte Arbeitsinhalte“ (72%) und „bessere Karrieremöglichkeiten“. Erst an fünfter Stelle (61%) wird das Motiv „bessere Bezahlung und Zusatzleistungen“ genannt.

Nicht verbunden

Erschreckend ist auch die Tatsache, dass fast ein Drittel der motivierten Leistungsträger sich seinem Arbeitgeber der Studie zufolge nicht verbunden fühlen. Diese Mitarbeiter können sich nicht vorstellen, den Rest ihres Arbeitsleben bei dem Unternehmen zu verbringen und sehen die Probleme ihres Arbeitgebers auch nicht als die eigenen an.

Fahren ohne Führerschein

Tipp für alle guten Chefs zum Führen in digitalen Unternehmen finden Sie hier.

 

Holokratie – Ein neuer Stern am Führungshimmel

Holokratie heißt eine neue „Zauberformel“ für moderne Unternehmen. Die Idee geht auf den amerikanischen Unternehmer Brian Robertson zurück. Einfach gesagt, soll die hierarchische Führung mit demokratischen Idealen kombiniert werden. An seiner eigenen Firma hat er das Konzept erfolgreich ausprobiert. Nun geht die Idee um die Welt. Fragt sich nur, wohin das führt?

Mit seiner Software-Firma hat Robertson gezeigt, dass der Ansatz funktioniert. Umsatz und Beschäftigungszahlen sind stetig gestiegen, die Mitarbeiter motiviert und loyal. Wer kann da schon Nein sagen?

Gerade im US-amerikanischen Raum gibt es bereits viele Nachahmer: Der Online-Schuhshop Zappos mit insgesamt 1.500 Mitarbeitern setzt seit diesem Jahr auf ein holokratisches System und schaffte das Management kurzerhand ab. Wer nicht mitziehen wollte, „durfte“ gehen – und bekam dafür eine Abfindung. Immerhin – 86% der Mitarbeiter sind geblieben.

 Hierarchie und Selbstbestimmung im Einklang

Kern der Struktur sind halb-autonome, sich selbst organisierende sog. Kreise oder auch Zirkel genannt. Jeder Zirkel hat ein definiertes Ziel und ist für dessen Erreichen verantwortlich. Die Mitglieder der Zirkel entscheiden über die jeweils notwendigen Prozesse, steuern sie und evaluieren fortlaufend die Ergebnisse.

Hierarchie der Zirkel: Jeder Zirkel entsendet ein Mitglied in den nächsthöheren und eines in den nächst niedrigeren Zirkel. Dort sind sie voll diskussions- und stimmberechtigt. Dadurch bleiben die Zirkel im Kontakt und sind untereinander verbunden.

 Wer nicht dagegen ist, ist dafür

Holokratie setzt auf eine Entscheidungsfindung im KonsenT – nicht zu verwechseln mit dem viel bekannteren KonsenS. Eine Entscheidung gilt dann als getroffen, wenn kein Teilnehmer mehr einen wichtigen Einwand dagegen hat. Einwände führen zu einer modifizierten Fassung des Vorschlags oder einem ganz neuen Vorschlag, der wiederum zum Konsent gebracht wird.

Keine Frage, ein interessanter Ansatz. Radikal, ja. Mutig, auch. Und damit sicher nicht für jede Organisation geeignet. Die Praxis wird zeigen, was dem noch jungen System tatsächlich möglich ist. Und ob es wirklich „automatisch“ zu mehr Innovation, Motivation und Zufriedenheit führt.

Der Anspruch an die Führungsmannschaft, sofern es diese nich gibt, wird dadurch sicher nicht geringer. Sondern eher noch wachsen. Der Aufbau einer konsequent selbstorganisierten, holokratischen und dynamischen Organisation ist mit vielen Unsicherheiten verbunden und ein stetiger Prozess, der Begleitung, Coaching und Beharrlichkeit braucht. Hier sind Führungspersönlichkeiten gefragt, die Orientierung im Diskussions-Dschungel geben.

In unserem Institutsbrief „New Work, Führung und Empowerment“ beschreiben wir die holokratische Arbeit der Agentur The Dark Horse. Lesen Sie das Interview mit der Mit-Gründerin Monika Frech.

CTO- was macht der eigentlich? Fragen an Mirko Giese

Es gibt viele Jobs in der neuen digitalen Welt. Ein Job, der mit Sicherheit zu den spannendsten gehört ist die Rolle des Chief Technoloy Officer. Wir vom IPA wollten es einmal genau wissen. Was macht denn eigentlich ein CTO und welche Aufgaben und Herausforderungen hat er zu bestreiten. Wir sprachen mit einem der es wissen muss, nämlich mit Mirko Giese, der CTO des bekannten Portals billiger-mietwagen.de.

Mirko , wie sieht Dein „Tagesgeschäft“ als CTO aus?

  • Mitarbeiter verschiedener Fachbereiche zusammen bringen
  • Zuhören, moderieren und Feedback geben
  • Beraten für Ideen + Konzepte
  • Reportings und Kennzahlen interpretieren
  • Projektfortschrittskontrolle

Welche Kernfähigkeiten sollte ein CTO aus Deiner Sicht mitbringen ?

  • Strategisches Denken
  • Kommunikation und Lösungsorientierung
  • Kundenorientierung
  • Coaching- Fähigkeiten
  • Ergebnisorientierung
  • Blick über den Tellerrand
  • Dolmetscher Tech to  Business sein

Wie wird man CTO?

  • In dem man Wege findet, Dinge zu tun anstatt Gründe, etwas nicht zu tun

Wie müssen „Techis“ geführt werden? Auf was kommt es an?

  • Techis möchten denn Sinn von Aufgaben verstehen, die dahinterstehenden Ziele begreiflich gemacht bekommen und mit ihrer Meinung und Einschätzung wahrgenommen werden. Sie benötigen manchmal Unterstützung, ihre Meinung verständlich kundtun zu können. Für Techis ist es sehr wichtig, Teams zusammen zu stellen, die die richtige Balance zwischen Hetero- und Homogenität haben. Für Konflikte brauchen Techis einen kompetenten Moderator.

Welche agile Methoden nutzt Ihr?

  • Scrum und  Kanban

Wo siehst Du den Nutzen und Gefahren?

  • Nutzen ist ganz klar, dass Business und Technik näher zusammen kommen und gemeinsam bessere Produkte entwickeln. Gefahr ist, dass sich die Firma mit zu vielen zu kleinen Aufgaben verzettelt und dabei größere, strategischere Themen aus dem Fokus geraten.

Was ist der größte Irrglaube über agile Methoden?

  • Das sie einfach so funktionieren. Nur, weil ein Team eine Retro macht heisst das noch lange nicht, dass es Lösungen für Probleme findet. Ohne harte Arbeit an sich selbst funktionieren agile Methoden auch nicht.

Was ärgert Dich in Deiner Rolle als CTO? 

  • Das gar keine Zeit mehr für programmieren bleibt.

Was macht am meisten Spaß?

  • Wenn im Team Lösungen erarbeitet werden, die weit über das ursprüngliche Problem hinaus gehen und der Stolz in den Gesichtern der Entwickler, die daran beteiligt waren.

Was sollte jeder wissen, der sich für die Rolle des CTO bewirbt?

  • Als CTO wirst du schon bald von deinen Mitarbeitern überholt, wenn es um technisches KnowHow geht. Das solltest du von vornherein akzeptieren und es wertschätzen. Wenn du daran festhälst, der Beste zu sein, wirst du deinem Team im Weg stehen statt es nach vorne zu bringen

Wir danken Dir für das Gespräch.

 

 

 

New York, Rio, Tokio, Bielefeld – Was macht eigentlich mein Team?

Als international agierender Geschäftsmann/-frau und Manager eines Teams haben Sie viel zu tun. Die Bindung zu Ihren Mitarbeitern dennoch aufrecht zu erhalten und den Kontakt zu pflegen, ist nicht einfach. Wie gute Führung gelingt, lesen Sie heute in der Gebrauchsanleitung für die Führung auf Distanz. 

Führungsalltag zwischen Take-off und Jour Fix

Sie jetten von Meeting zu Meeting, um Kunden, Lieferanten und Stakeholder zu treffen oder sind auf der Suche nach neuen Märkten und Trends. Ihre Reise-Geschwindigkeit ist enorm und dank Smartphone oder Tablet ist das Office online immer mit dabei.

Wieder im Büro, gibt es für Sie viel nachzuarbeiten und „upzudaten“. Damit das Business läuft, werden neue Informationen eingefordert oder weitergegeben. Gleichzeitig wollen Sie Ihr Gesicht bei den Kollegen und Vorgesetzten zeigen, um die eigenen Ideen und Projekte optimal zu verkaufen. Vielleicht muss sogar politisches Terrain (zurück) gewonnen werden. Ihr Heimspiel heißt: Macht aufbauen und behalten. Nicht zu vergessen die wenig erbauliche Routinearbeit. Turnusmäßige Gespräche mit dem Betriebsrat über die neue Datenschutzrichtlinie stehen an und HR wartet auf Feedback zu den Zielvereinbarungen.

All das reicht aus, um einen ganzen Arbeitstag zu füllen. Was bleibt, ist die immer viel zu knappe Zeit für das eigene Team und die individuellen Belange Ihrer Mitarbeiter. Der eine kommt im Projekt nicht weiter, der andere wird gerade vom Machtgehabe des Vertriebs aufgefressen, wieder andere nutzen Ihre Abwesenheit, um eigene Prioritäten zu setzen.

Abwesend sein mit gutem Gefühl – so funktioniert´s

Zunehmend leben Mitarbeiter und Führungskräfte sprichwörtlich in anderen Welten. Im schlimmsten Fall sogar faktisch aneinander vorbei: Den Alltag bestimmen unterschiedliche Geschwindigkeiten, andere Realitäten und Sorgen sowie abweichende Perspektiven. Das Ergebnis ist oft eine Entfremdung zwischen Teams und ihren Vorgesetzen – nicht nur räumlich, sondern auch gefühlt. Was können Sie tun, um diesen Spagat zu meistern und vor allem eine gute und erfolgreiche Führungskraft zu bleiben?

Tipp 1: Emotionen managen – Committment bekommen

Ihr Führungserfolg ist zu 80% abhängig von einem guten emotionalen Klima zwischen Ihnen und Ihrem Team. Wenn Sie nichts Persönliches hineingeben, werden Sie auch nicht erfahren, wie es Ihren Mitarbeitern geht und womit diese sich beschäftigen. Geben Sie einen Einblick in Ihre Gefühlswelt und verlieren Sie mal ein Wort darüber, wie es Ihnen im Projekt geht oder mit welchen Problemen Sie zu kämpfen haben.

Wer nicht investiert in Vertrauen, Offenheit und Transparenz bekommt auch nichts zurück. Und schon gar nicht das vielzitierte Committment. Vergessen Sie nicht: Sie arbeiten mit Menschen und nicht mit Maschinen!

 Tipp 2: Persönliches Lob statt kollektives „Toll gemacht“

Menschen wollen als Individuen wahrgenommen werden. Sie suchen nach persönlicher Wertschätzung und Feedback ihrer Vorgesetzten. Teammeetings eröffnen mit: „Ihr habt ja ganz toll gearbeitet während ich unterwegs war“, kommen beim Einzelnen kaum motivierend an. Sondern erinnern eher an Muttis Lob nach dem Aufräumen des Kinderzimmers. Also nicht wundern, wenn solche „Lobeshymnen“ keine Wirkung zeigen.

Tipp 3: Echte Unterstützung statt Durchhalteparolen.

Wenn Sie denn mal da sind, erwarten Mitarbeiter von Ihnen Hilfe zur Selbsthilfe und Anregungen. Zeigen Sie Ihnen Wege auf, wie sie weiterkommen oder stellen Sie ihnen die richtigen Mittel oder Netzwerke für einen Lösung zur Verfügung. Die rhetorische (Test-) Frage: „Was schlagen Sie denn vor?“ hilft nicht weiter. Es recht nicht, wenn nur wenig Zeit zur Verfügung steht.

Tipp 4: Loslassen und Abgeben.

Delegieren Sie nicht nur Aufgaben, sondern auch Entscheidungsbefugnisse. Denn damit können in Ihrer Abwesenheit echte Projektfortschritte gemacht werden. Trauen Sie Ihren Mitarbeitern etwas zu – und etablieren Sie eine gesunde Fehlerkultur. Davon profitieren beide: Ihre Mitarbeiter und Sie.

Tipp 5: Technik hilft – wenn man´s richtig macht.

Nie gab es so viele technische Möglichkeit, trotz Abwesenheit in ständigem Kontakt zu bleiben. Vergessen Sie dennoch nicht, dass Ihre Kommunikation zu Mitarbeitern immer von potentiellen Fallstricken begleitet wird. Eine unbeabsichtigte Ironie in der SMS, ein unglücklicher Kommentar in der Skype-Konferenz, eine Mail im Stakkato-Stil spätabends – das kann schnell missverstanden werden. Die Folgen: Irritationen, Verunsicherung oder gar Verärgerung. Seien Sie korrekt und konkret in Ihrer Formulierung und achten Sie auf die richtige Tonalität. Auch ein „Bitte“ und „Danke“ hilft – und kommt nicht nur in der Old Economy gut an.

Und wenn es doch mal schief gegangen ist?

Holen Sie sich lieber schnell und effektiv Hilfe von Mediatoren, einem Coach oder auch der HR-Abteilung. Warten Sie nicht darauf, dass sich der Konflikt von alleine auflöst. Wird er nämlich nicht, sondern eskaliert meistens noch während Sie wieder im Flieger sitzen. Dann wird es teuer! Demotivation, Unzufriedenheit, innere Kündigung und Fluktuation sind nicht zu unterschätzen.

Und last but not least: Bleiben Sie in Kontakt!

 

„Ich kann das selbst.“ Warum Selbstorganisation trotzdem Führung braucht.

Agilität verändert die Rolle des Managements in Unternehmen. Es bedarf neuer Führungsansätze, damit die Selbstorganisation der Teams auf der einen Seite nicht beschnitten, aber auf der anderen Seite nicht im Chaos endet. Für Führungskräfte stellt dies eine Herausforderung dar, an der sie oftmals scheitern. Stefan Roock, Management-Berater und Experte für agile Ansätze, verrät im Interview mit dem IPA Institut, worauf es ankommt.

Herr Roock, was heißt aus Ihrer Sicht Selbstorganisation in einem Unternehmen?

Für mich bedeutet Selbstorganisation im Unternehmen die massive Reduktion hierarchischer Steuerung und die Auflösung von Silo-Denken. Der Fokus liegt in der Regel auf Teams, die sich selbst organisieren, d.h., ihre Ziele und Aufgaben mit den geeigneten Methoden autonom verfolgen.

 Welche grundsätzlichen Rahmenbedingungen müssen für erfolgreiche Selbstorganisation erfüllt sein?

Zunächst ist wichtig, dass ein geeignetes Menschenbild existiert. Wenn Manager davon überzeugt sind, dass ihre Mitarbeiter prinzipiell daran interessiert sind, sich zum Wohle der Firma zu organisieren, werden sie ihnen Vertrauen und Freiräume gewähren. Selbstorganisation basiert auf diesen beiden Säulen.

 Welche Fehler werden bei der Umsetzung von Selbstorganisation gemacht?

In der Praxis schwanken die Unternehmen dabei zwischen zwei Extremen. Zunächst bleibt das Management häufig beim bisher üblichen Verhalten und gibt Anweisungen (Mikro-Management). Dann lernen die Manager, dass dieses Verhalten nicht mehr gewünscht ist und ziehen sich gänzlich zurück (No-management). Es kommt zu Problemen, und die Manager schwingen wieder zurück zum Mikro-Management, „weil Selbstorganisation nicht funktioniert“. Tatsächlich haben sie aber schlicht falsch geführt.

 Wie sieht die Führung von agilen Teams aus?

Will man Selbstorganisation über einzelne Teams hinaus implementieren, muss man dafür eine angemessene, unterstützende Führung aufsetzen. Denn Teams sind in der Regel nicht von heute auf morgen in der Lage, die Aufgaben des Managements mit zu übernehmen. Selbstorganisation braucht eine kooperative Führung, die den Mitarbeitern Unterstützung gibt und sie schrittweise ausbildet und ihnen hilft, Höchstleistungen zu erbringen.

 Was müssen Manager lernen – beziehungsweise vertiefen – beim Managen von Selbstorganisation?

Die Manager müssen ihren Führungsstil ändern. Es ist nicht mehr ihre Aufgabe, eine Unternehmensstrategie in Einzelteile zu zerlegen und diese Einzelteile an Mitarbeiter zuzuweisen und die Erledigung zu kontrollieren. Stattdessen muss die Unternehmensstrategie so kommuniziert werden, dass sie jeder Mitarbeiter versteht. Jeder Mitarbeiter muss verstehen, wie sein eigener Beitrag zur Unternehmensstrategie aussieht. Um dies zu vermitteln, sollten Führungskräfte Coaching und Mentoring beherrschen. Auch ist es sinnvoll, dass sie sich selbst coachen lassen.

 Wie bekommt man als Unternehmer bzw. Entscheider die richtige Mischung zwischen Unternehmenszielen/-Ausrichtung und Autonomie der Mitarbeiter hin?

Wichtig ist, Ausrichtung/Alignment und Autonomie nicht als entgegengesetzte Pole zu betrachten. Autonomie ist vielmehr eine Folge von Alignment. Nur, wenn das Was und Warum ganz klar ist, können autonome Teams ihre Aktionen sinnvoll planen und anpassen.

 Sind Mitarbeiter eigentlich reif für so viel Selbstverantwortung? Wann übernehmen sie Verantwortung auch für das gesamte Unternehmen?

Wir gehen davon aus, dass Mitarbeiter motiviert sind, wenn sie den Zweck ihrer Arbeit verstehen. Sie müssen zudem selbst entscheiden können, wie sie die Ziele erreichen und dürfen mit der Aufgabe weder unter- noch überfordert sein. Wenn die Führungskräfte also einen geeigneten Kontext herstellen, werden die Mitarbeiter die mit Selbstorganisation einhergehenden Herausforderungen gerne annehmen.

Mehr zum Thema Selbstorganisation lesen Sie auch im  Beitrag „Ohne Chef geht´s auch“, erschienen im IPA Institutsbrief New Work & Empowerment.

 

 

Der Beitrag erschien im IPA Institusbrief q2-15