„Ich befürchte das eskaliert“ – Warum schwierige Gespräche in der Krise zur Führungsaufgabe Nummer eins werden

Ein Leitfaden für Führungskräfte in wirtschaftlich herausfordernden Zeiten. Die aktuelle Realität: Schlechte Nachrichten gehören zum Führungsalltag, schwierige Gespräche sind an der Tagesordnung.

In der aktuell wirtschaftlich angespannten Lage müssen Führungskräfte immer öfter schlechte Nachrichten überbringen. „Ich befürchte das eskaliert“ – diesen Satz höre ich dabei erschreckend oft. Als Coach berate ich immer mehr Führungskräfte, die vor diesen Situationen stehen und oft wochenlang Bauchschmerzen haben, solche Gespräche zu führen.

Schwierige Gespräche gehören zum New Normal

Personalabbau, Budgetkürzungen, Standortschließungen und verschärfte Leistungsanforderungen prägen den Führungsalltag 2025. Was früher die Ausnahme war, wird zur Regel. Doch viele Führungskräfte wurden nie systematisch auf diese kritischen Gespräche vorbereitet.

Und wie fühlt sich das an?

📌 Allein gelassen: Viele Führungskräfte wurden nie systematisch auf diese kritischen Momente vorbereitet und müssen Entscheidungen verkünden, die sie selbst nicht getroffen haben.

📌 Untrainiert: Die meisten haben noch nie Kündigungsgespräche oder kritische Beurteilungsgespräche führen müssen, die für den anderen bedeuten: deine Karriere ist bei uns zu Ende.

📌 Hilflos: Es fehlt ihnen die Kommunikationskompetenz oder das Wissen um die Psychologie solcher Gespräche.

Warum scheitern schwierige Gespräche so oft?


Das A und O schwieriger Gespräche liegt nicht in perfekten Formulierungen, sondern in der richtigen Haltung und dem Verständnis für die emotionalen Prozesse des Gegenübers.


Die häufigsten Denkfehler bei schwierigen Gesprächen

• „Wenn ich es nett verpacke, tut es weniger weh“ – Der Versuch, schlechte Nachrichten zu beschönigen, führt meist zu Verwirrung und Vertrauensverlust

• „Ich muss mich rechtfertigen und alles erklären“ – Führungskräfte verlieren sich in endlosen Begründungen statt klar zu kommunizieren

• „Emotionen haben hier keinen Platz“ – Die Unterdrückung emotionaler Reaktionen verstärkt oft den Konflikt.

Die Vermeidungsfalle – Schlechte Nachrichten Gespräch

Viele Manager schieben das „Schlechte-Nachrichten-Gespräch“ wochenlang vor sich her – bis es eskaliert. Diese Vermeidungshaltung verstärkt das Problem:

• Gerüchte entstehen und verunsichern das gesamte Team • Vertrauen schwindet bei mangelnder Transparenz.

• Die eigene Glaubwürdigkeit leidet nachhaltig.

Was passiert im Gegenüber? Das 5-Phasen-Modell

Ein Schlüssel zum erfolgreichen Führen schwieriger Gespräche liegt im Verstehen der psychologischen Prozesse, die der Betroffene durchläuft. Das Kübler-Ross-Modell erklärt auch die Reaktionen auf berufliche „Verluste“:

  1. Schock und Leugnung – „Das kann nicht stimmen“, „Da muss ein Fehler vorliegen“
  2. Wut und Vorwürfe – „Das ist unfair“, „Sie haben mich nie unterstützt“
  3. Verhandeln und Hoffen – „Können wir nicht eine andere Lösung finden?“
  4. Trauer und Niedergeschlagenheit – Resignation, Rückzug, emotionale Verletzung
  5. Akzeptanz und Neuorientierung – „Was sind meine nächsten Schritte?“

Wichtig: Menschen durchlaufen diese Phasen unterschiedlich schnell und nicht immer in fester Reihenfolge.

Praktische Anwendung für Führungskräfte

Das Modell hilft Ihnen in der Vorbereitung und deswegen beachten Sie bitte:

  • Reaktionen des Betroffenen richtig einordnen und nicht persönlich nehmen.
  • Geduld entwickeln für den Verarbeitungsprozess des Gegenübers.
  • Angemessen reagieren je nach Phase, in der sich der/die Betroffene befindet.
  • Realistische Erwartungen an den Gesprächsverlauf entwickeln.

Die Grundprinzipien erfolgreicher schwieriger Gespräche

Das A und O schwieriger Gespräche liegt nicht in perfekten Formulierungen, sondern in der richtigen Haltung und dem Verständnis für die emotionalen Prozesse des Gegenübers. Wenn Sie die Psychologie ihres Gegenübers besser verstehen, können Sie professioneller mit den verschiedenen Reaktionen umgehen.

Häufige Fehler vermeiden

Diese größten No-Gos sollten Sie bei schwierigen Mitarbeiter Gesprächen auf jeden Fall vermeiden:

  • Sandwich-Methode verwenden – Schlechte Nachrichten zwischen Positives packen verwirrt nur
  • Zu viele Begründungen – Rechtfertigungen schwächen die Botschaft
  • Emotionale Ansteckung – Selbst wütend oder defensiv werden
  • Vorzeitige Lösungsvorschläge – Den Verarbeitungsprozess überspringen wollen
  • Falsche Versprechungen – Um das Gespräch schnell zu beenden

Professionelle Haltung bewahren:

  • Denken Sie daran, Sie agieren in ihrer Führungsrolle – Nicht alles persönlich nehmen
  • Empathisch, aber klar auftreten
  • Grenzen ziehen bei respektlosem Verhalten – beenden Sie das Gespräch rechtzeitig
  • Mehrere Gespräche einplanen – Selten ist alles in einem Termin geklärt

Fazit: Schwierige Gespräche als Führungskompetenz

In wirtschaftlich herausfordernden Zeiten werden schwierige Gespräche zur Kernkompetenz von Führungskräften. Das Vermeiden oder unprofessionelle Führen solcher Gespräche schadet allen Beteiligten – dem Betroffenen, dem Team und der eigenen Glaubwürdigkeit.

Die gute Nachricht: Schwierige Gespräche lassen sich lernen und trainieren. Holen Sie sich Unterstützung. Mit der richtigen Struktur, dem Verständnis für psychologische Prozesse und einer professionellen Haltung können auch diese kritischen Momente zu einem Zeichen von Respekt und Führungsstärke werden.

Ehrliche, strukturierte Kommunikation ist kein Zeichen von Härte – sondern von Respekt gegenüber allen Beteiligten.