Führung auf Augenhöhe und als Dienstleistung am Mitarbeiter – Führung in der digitalen Welt

Wir sprachen mit Karl-Heinz Reitz über Führung auf Augenhöhe und als Dienstleistung am Mitarbeiter. Er ist seit 2012 im Personalbereich von Unitymedia tätig und leitet die HR-Business-Partner sowie die Personal- und Organisationsentwicklung. Herr Reitz ist ebenffalls einer der Top Speaker auf dem 1. Digital Leadership Summit am 21.6.2016 in Köln.

Herr Reitz, viele sprechen vom Paradigmenwechsel in der Arbeitswelt – was heißt das für Sie?

Neben vielzitierten Trends wie Demografischer Wandel, Fachkräftemangel, Wertewandel der Generation Y u.a. ist für mich die Digitalisierung das Top Thema.

Durch sie nimmt die Geschwindigkeit der Veränderung des Business und aller Geschäftsprozesse exponentiell zu. Unternehmen können es sich  nicht mehr leisten in Fünfjahresplänen zu denken, geschweige denn zu operieren. Das heißt, Organisationen und  Mitarbeiter müssen sich immer schneller verändern und dauernd dazu lernen. Die Fähigkeit, mit dem Wandel und seinem Tempo Schritt zu halten, wird zum kritischen Erfolgsfaktor.

 Wie sieht gute Führung in der digitalen Welt aus?

Das Prinzip Augenhöhe steht für mich an allererster Stelle. Wir müssen Mitarbeitern mehr und besser zuhören, Ihre Ideen ernst nehmen und damit ein neues Miteinander schaffen.

Mitarbeiter wollen und brauchen Wertschätzung für ihren individuellen Beitrag zum Erfolg des Unternehmens.

 Wie zeigen Führungskräfte Wertschätzung?

Das hängt von der jeweiligen Konstellation und vom Kontext ab. Nehmen Sie zum Beispiel unsere Call Center Kollegen. Sie sind es,  die jeden Tag mit unseren Kunden kommunizieren, Probleme lösen und ihr Bestes geben. Sie erbringen für unser Unternehmen einen hohen Mehrwert und genau das müssen wir ihnen auch zeigen. Von Führungskräften erwarten wir, dass sie Anerkennung und Wertschätzung aussprechen und andererseits mit diesen Mitarbeitern eine Arbeitsatmosphäre schaffen, in der sie optimale Leistung erbringen können.

Sie sind für mich „Ermöglicher“, die für ihr Team Hindernisse und Probleme aus dem Weg räumen.

 Ist die neue Führungskraft ein Dienstleister?

Eindeutig ja. Der Mehrwert von Führungskräften wird in Zukunft daran gemessen, wie gut er/sie sich in den Dienst des Teams stellt. Das heißt, wir brauchen Führungskräfte, die alle Mitarbeiter bei

der Gestaltung von Abläufen und Prozessen miteinbeziehen, statt Lösungen oder Zielvorgaben von oben verordnen. Es geht darum, Möglichkeiten für Eigenverantwortung und Entwicklung anzubieten und dann Mitarbeiter entsprechend zu fördern. Wenn wir das Prinzip Augenhöhe ernst nehmen, müssen wir in einen Dialog treten und uns nicht vor Diskussion und Kritik scheuen. Das gilt im Übrigen auch für unsere Kundenkommunikation.

Wie verträgt sich das Prinzip Augenhöhe zwischen Mitarbeitern und Führungskräften mit Leistungsbewertungen und Boni-Systemen?

Gar nicht gut. Das war für uns ein Grund das Performance System radikal zu ändern und im Zuge dessen haben wir Bewertungsskalen und Individualboni abgeschafft.

Welche Ziele verfolgen Sie mit dem neuen Performance System?

Wir wollen,  dass es einen offenen und ehrlichen Austausch über Aufgaben, Abläufe und Probleme in den Teams gibt. Wenn Mitarbeiter befürchten müssen, dass ein kritisches Feedback zu schlechten Bewertungen oder Abzug von Boni-Prozenten führt, werden sie im Zweifel die Probleme für sich behalten oder schlimmer noch verschleiern. Am Ende steht dann im „worst  case“ ein unzufriedener Kunde.

 Wie ist die Reaktion der Mitarbeiter auf den „Systemwechsel“?

Positiv. Wir sind gerade zum „Best Employer“ gewählt worden und sehen in unseren Mitarbeiterbefragungen, dass die Zufriedenheit mit dem direkten Manager unternehmensweit bei knapp 80% liegt. Das werten wir als einen Indikator dafür, dass wir den Prinzipien  Vertrauen und Augenhöhe schon um einiges näher kommen.

 Was würden Sie anderen Firmen raten, wenn diese auch Ihre Boni- und Beurteilungssysteme verändern bzw. abschaffen wollen?

Zunächst einmal sollte sich jeder Unternehmer fragen, was er damit erreichen bzw. verbessern will.

Wenn es nur darum geht, dem Zeitgeist zu folgen um in Sachen Employer Branding gut auszusehen, dann sollte man es vielleicht nicht machen.

Falls man sich dazu entschließt, ist der notwendige Kulturwandel beträchtlich und es muss ein Umdenken in den Köpfen von Management und Mitarbeitern initiiert werden. Werte wie Kooperation, Vertrauen und  wertschätzendes Feedback  sind dafür zwingende Voraussetzung. Bei uns im Unternehmen sind dies drei unserer fünf  Unternehmenswerte und wir konnten darauf aufsetzen.

Dennoch, der Change-Aufwand ist nicht unerheblich und setzt eine kontinuierliche Führungs- und Personalarbeit voraus.

 

 

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