Stand.Punkt. Kein Recht auf Homeoffice
(K)Ein Recht auf Homeoffice? Im Stand.Punkt. ordnet Ursula Vranken die aktuelle politische Debatte ein und gibt Führungstipps.
So mancher Arbeitgeber dürfte die aktuelle Debatte um das Homeoffice-Gesetz des Arbeitsministers mit offenem Mund verfolgen. Denn zwischen den angedachten Gesetzeszeilen steht im Grunde: „Wenn Papa Staat das jetzt nicht mit dem Homeoffice regelt, bedeutet das für die meisten Unternehmen: Zurück auf Anfang.“ Das zeugt nicht nur von wenig Vertrauen in die Wirtschaft. Es ist auch schlichtweg nicht fair.
Stand.Punkt.
Denn die meisten Unternehmen haben 2021 beim Thema Homeoffice durchaus abgeliefert. Es wurden IT-Infrastrukturen geschaffen und neue Workflows etabliert. Jetzt wieder die Uhren zurückzudrehen, wäre schon aus betriebswirtschaftlicher Sicht komplett irrsinnig. Denn vieles läuft im Homeoffice effizienter. Das haben die letzten Monate eindeutig gezeigt.
Sie haben aber auch gezeigt: Es läuft noch nicht alles rund. Zum Beispiel lässt sich nicht alles perfekt von zuhause erledigen. Während das Homeoffice für konzentrierte Jobs der „Place to Be“ ist, stößt es bei kreativen oder strategische To Do’s eher an seine Grenzen. Zu diesem Ergebnis kommt die Fraunhofer Studie Homeoffice Experience. Eine Erhebung von Microsoft kommt zu einem ähnlichen Schluss: Das Homeoffice ist gekommen, um zu bleiben. Auf dem Weg zu einem neuen Arbeitsmodell, das analoge und virtuelle Arbeit sinnvoll miteinander vereint, sind allerdings noch viele Fragen ungeklärt.
Zum Beispiel: Wie viel Homeoffice tut der eigenen Organisation gut? Wie muss Führung in Zeiten von Remote-Work organisiert werden, sodass Führende und Geführte nicht den Draht zueinander verlieren? Und: Wie kann sichergestellt werden, dass für Mitarbeiter, die mehr remote arbeiten, nicht die Grenzen zwischen Arbeit und Freizeit dahingehend verschwimmen, dass sie im Endeffekt mehr arbeiten?
Was die Politik bei ihrem Gesetzesvorstoß übersieht: Ein allgemeines Gesetz wird die Antworten auf diese Herausforderungen nicht liefern. Jeder Betrieb muss diese für sich hochindividuell ausloten. Denn übiceall sind Aufgaben und Prozesse anders. Also braucht es auch von Fall zu Fall hochindividueller Homeoffice-Regelungen und Workflows.
Neuer Bürokratietanker – nein Danke
Ein weiterer allgemeiner Bürokratietanker in Form eines Gesetzes, der alles kleinklein mit Vorgaben und Verboten und Wenn-Dann-Klauseln regelt, wäre hingegen widersinnig. Er würde Prozesse nur festschreiben und zementieren – über alle Unternehmen hinweg. Dabei geht es bei der Debatte um das Homeoffice eigentlich das genaue Gegenteil: Mehr Flexibilität und Selbstbestimmung von Mitarbeitern. Diese kann nicht von oben verordnet werden, sondern muss von innen entstehen. Das liegt in der Natur der Sache.
Zielführender ist daher ein Change Prozess, der Mitarbeiter ins Boot holt und hinterfragt: Welche Strukturen sind unserem Betrieb angemessen? Wie können wir sie gemeinsam umsetzen? Für dieses und für andere Themen, die in Zukunft relevant werden, empfiehlt es sich, neue Formen der Mitbestimmung zu etablieren. Wie wäre es zum Beispiel mit einem Kulturrat? Er vertritt als Mitarbeitergremium alle Unternehmensbereiche und -ebenen und wirkt konstruktiv an der Unternehmensentwicklung mit. Das wäre die zeitgemäße Konsequenz aus dem Thema Homeoffice: Auf Augenhöhe miteinander reden statt von oben verordnen.
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