Deutschland zum Weltfrauentag: Eigentlich sollte sich die Sache ja längst erledigt haben. Gemeint ist die Sache mit der Gleichberechtigung und Emanzipation – ja wir erinnern uns an dieses ominöse Wort. Einst von der Frauenrechtlerin Alice Schwarzer mehr als strapaziert, fast zum Unwort verkommen und heute aktueller denn je. Man muss nicht erst auf die #equalpay Debatte verweisen, um festzustellen, dass wir in Sachen Frauen und Karriere noch nicht weit genug gekommen sind.
Hier läuft was schief in der Arbeitswelt – Frauen kommen nur langsam an die Schaltstellen der Macht
Der Frauenanteil in Vorständen ist zwar so hoch wie nie zuvor im Jahr 2023, sprich jedes siebte Vorstandsmitglied ist derzeit weiblich. Dennoch dominieren die Männer weiterhin und in einigen Bereichen stagniert der Zuwachs laut Studien von Analysen von DIW, EY und Fidar. Unternehmen haben auf Team- und Abteilungsleiterebene noch Kandidatinnen, aber je weiter wir in der Hierarchie hochschauen, desto männlicher wird es. Frauen als Entscheidungsträgerinnen fehlen. Allen Sonntagsreden zum Trotz erleben Frauen häufig im Firmenalltag, dass sie an den alten Männernetzwerken nicht vorbei kommen und die attraktiven Posten schon vergeben, noch bevor sie offiziell ausgeschrieben sind.
Frauen greifen nicht zu – Selbstzweifel trotz Best-Beurteilung
Nun mag das männlich dominierte gesellschaftliche und arbeitsmarktpolitische System an vielen Stellen ein Grund für Ungleichheit sein. Aber so einfach sollten wir das nicht als Erklärung gelten lassen. Auch Frauen können noch mehr aus sich machen und beherzter ein Stück vom „Machtkuchen“ einfordern.
In meiner Beratungspraxis erlebe ich immer wieder, wie selbst erfolgreiche Frauen an sich zweifeln. Mögliche Karriereschritte gehen sie nicht, weil sie sich trotz Best-Beurteilungen für nicht gut genug halten oder schlicht und ergreifend nicht laut genug sagen: „Hier bin ich, ich will es machen und ich bin die beste Wahl!“. Scheinbar fehlt die Courage und noch schlimmer: keiner fordert sie ein. Frauen bleiben so als fleißige Arbeiterinnen im Hintergrund und hoffen auf die nächste Gelegenheit. Und die kann dann auch gerne mal ausfallen. Das Ende der Traumkarriere bevor sie angefangen hat. Schade eigentlich.
Raus aus der Komfortzone – mehr Courage gefragt
Damit das nicht so bleibt, werfe ich heute einen Blick hinter drei gängige Karriere-Märchen, die Frau nicht glauben sollte. Und ich ermutige Frauen zu mehr Courage, zu mehr Mut und Lust, die gängigen Stereotypen der männlich dominierten Arbeitswelt hinter sich zu lassen und die eigenen Arbeits- und Karrierebedingungen neu zu stricken. Ja, Sie lesen richtig: „zu stricken“. Denn hier steckt Handarbeit drin, mit oder ohne Anleitung, mit oder ohne Zopfmuster, morgens mittags oder abends gestrickt, individuell und bunt. Und Arbeit wird es auf jeden Fall, denn es gilt, sich raus zu arbeiten aus der Bequemlichkeit der Komfortzone.
Die Zeit ist reif für eine echte Revolution der Arbeitswelt – nehmen wir Frauen die Sache selbst in die Hand und hinterfragen wir die folgenden Karriere-Märchen!
1. Digitalisierung – „DIE Chance“ für Frauen
Revolutionäre Veränderungen der Arbeit durch die Digitalisierung sind in vollem Gange. Und deren vorwiegend technisch geprägte Apologeten (in der Regel Männer) behaupten, dass dies „DIE Chance“ für Frauen auf gleichberechtigten Zugang zu den Führungs- und Machtpositionen sei.
Die Digitalisierung muss ja inzwischen für ziemlich viel herhalten und so wundert die These erst mal nicht. Aber aufgepasst, das heißt nicht, dass die Digitalisierung per se mehr Chancengleichheit mit sich brächte als vorangegangene technologische Revolutionen. Gleichberechtigung, Vereinbarkeit von Kindern und Karriere, Teilen von (Führungs-) Macht, alternative Arbeitszeitmodelle sowie selbstbestimmtes Leben und Arbeiten sind keine Frage der Digitalisierung. Und ein kritischer Blick auf die Besetzung der Führungsriegen der Tech- und Industriegiganten zeigt sehr schnell und unmissverständlich, dass hier männliche Eliten an der Macht sind und dies auch bleiben wollen. Frauen hingegen hatten bislang wenig bis gar keine Chancen als Gründerinnen ernst genommen zu werden und/oder an das begehrte Investmentkapital zu kommen.
Es geht also um mehr als um trendige Worthülsen und Heilsversprechen. Es geht um fundamentales Umdenken in einer männerdominierten Arbeitswelt mit Ihren Ritualen, Zeitmustern und „Spielchen“, es geht um „Values& Behaviors“- es geht darum ANDERS zu denken UND zu handeln. Gerne kann Technik dabei unterstützen, aber solange ein Führungsjob auch heißt „ sei rund um die Uhr verfügbar“ werden uns digitale Technologien eher mehr Zwänge bringen, als wirkliche Freiheiten.
2. Von New Work profitieren besonders Frauen
Unterstellen wir einmal, das New Work auch zum Ziel hat mehr Partizipation und Selbständigkeit zu fordern. Das ist auf jeden Fall eine Disziplin, in der ich viele Frauen sehr stark erlebe und das eröffnet zweifelsohne neue Chancen.
Die neuen Arbeitsformen bedeuten aber auch: viele Gespräche und Diskussionen, Arbeit in flexiblen, agilen Projektgruppen und in Teams gemeinsam zu Ergebnissen zu kommen. Aber auch hier gibt es Licht und Schatten.
Ich kenne inzwischen nicht wenige Frauen, denen die Teambesprechungen mit ihren männlichen Alpha-Kollegen mehr als auf die Nerven gehen. Haben diese doch im „New Work“ eine neue Bühne gefunden, sich täglich neu zu positionieren, sich als besonders agile Coworker zu verkaufen, die gerne zu allem und jedem ihren Kommentar geben – ob mit Fachwissen oder ohne. Alles wird in Frage gestellt und wer nicht schnell und deutlich seine Argumente auf den Tisch legt, ist auch schnell mal überstimmt. Da kann Frau schon mal Pech haben, wenn Sie sich im „Jungenclub“ zu wenig durchgesetzt hat. Gerade in den vielgepriesenen StartUps finden wir oft männliche Monokulturen, in denen es für junge Frauen ebenfalls nicht leicht ist, sich Zutritt und Respekt zu verschaffen. Fazit: wo New Work drauf steht, muss nicht unbedingt Kommunikation auf Augenhöhe drin sein. Auch hier ist für Frau Durchsetzung angesagt und manchmal auch „durchboxen“.
3. Bei uns sind alle gleich. Wir behandeln Männer und Frauen gleich.
Das mag ja ideell stimmen, aber alle Zahlen und Fakten weisen darauf hin, dass Männer bei gleicher Qualifikation in der Regel mehr verdienen als Frauen. Warum sollte es also ausgerechnet bei Ihnen und Ihrer Firma anders sein? Oft genug wird um das Gehalt der Kollegen ein großes Tabu gemacht, so weiß Frau oft nicht, wo sie wirklich steht. Bescheidenheit und wenig Bereitschaft, direkt beim Berufseinstieg zu kämpfen, führen oft dazu, dass Frauen selbst nach Jahren Betriebszugehörigkeit noch weniger verdienen als ihre männlichen Kollegen. Bei zaghafter Nachfrage werden sie vom Chef auch gerne auf „Du, das ist gerade sehr schlecht bei der Lage über Gehaltserhöhungen zu reden…, lass das doch mal aufgreifen, wenn wir wieder etwas ruhigeres Fahrwasser haben…“ vertröstet. Aber alles das ist nicht „Gott gegeben“, da wo gute Leistung nicht angemessen vergütet wird, muss Frau sie einfordern – am besten gleicht heute und zwar klar und deutlich.
Fazit:
Wir sind nicht im Märchenland. Karrierewunder gibt es nicht, weder in der digitalen Welt, weder für Männer noch für Frauen. Schauen wir also lieber mit klarem Blick auf das was wir können, was wir wollen und wofür wir bereit sind zu kämpfen. Und das sollten wir mit Leidenschaft tun.
Wer eine spannende und selbstbestimmte Arbeit und/oder Karriere haben möchte, muss sich auf den Weg machen und die Dinge selbst in die Hand nehmen. Liebe Frauen lasst uns die Arbeitswelt gestalten, es gibt viel zu tun!
Tipps für Ihre Karriere:
- Arbeiten Sie an sich selbst und Ihren persönlichen Stärken.
- Zögern Sie nicht sich selbst und Ihre Erfolge deutlich darzustellen und zu verkaufen.
- Holen Sie sich regelmäßig Feedback von Vertrauenspersonen und/oder Coaches ein.
- Finden Sie im Netzwerk Gleichgesinnter Ihren persönlichen Stil und Weg.
- Lassen Sie sich nicht einreden, Familie und Karriere gleichzeitig geht nicht.
- Seien Sie nicht bescheiden! Sie sind die beste Wahl.
- Haben Sie Spaß an dem was sie tun!
Jetzt durchstarten:
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