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Spontane Neujahrsvorsätze mit ungeahnten Konsequenzen

Prost Neujahr

Am Wochenende war ich auf einer Party. Das Sektglas in der einen Hand, das Käsehäppchen in der anderen, erzählten wir uns gegenseitig, wie wir den Jahreswechsel erlebt hatten, tauschten uns über schnee- oder sonnenreiche Urlaubserlebnisse aus und berichteten, was der Nachwuchs so veranstaltet. Danach kamen bald ernste Themen auf. Wir diskutierten über die politische Weltlage und bald auch über  Jobs & Karriere.  Das wurde schnell persönlich: Jeder hatte etwas anderes über die Stimmung im Büro, die allgemeine Auftragslage und persönliche Zukunftsperspektiven zu erzählen. Ich muss gestehen: Ich war überrascht und ein bisschen erschüttert. Menschen, die ich als ehrgeizig, engagiert und immer gut für eine Extrameile kenne, berichteten, wie hoch sie im Moment den Druck im Job erleben.

Zu viel für zu wenige

Sie kämpfen täglich um Rohstoffe, Prozesskettensicherheit und – was am meisten Sorge bereitet – um gute Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Einige Führungskräfte waren sichtbar frustriert: Sie klagten, auf der einen Seiten würden die Aufgaben immer umfangreicher und komplexer, auf der anderen Seite reduzierten viele Kolleginnen und Kollegen ihre Arbeitszeit und wechselten in eine 4-Tage-Woche. Auch die jüngere Generation bekam ihr Fett weg, und dabei kochten die Gefühle regelrecht hoch. Junge Mitarbeiter – „Die wollen doch alle nicht mehr arbeiten!“ –  verzichteten lieber auf Lohn, statt sich dem angeblichen Leistungsdiktat zu unterwerfen, so beklagten sich die Endvierziger und schüttelten verständnislos den Kopf.

Auf dem Bewerbermarkt herrscht Flaute, Stellenanzeigen hinterlassen mehr leere Bewerbungsformulare als brauchbare Vorstellungsgespräche. Und glaubt man aus der überschaubaren Auswahl dann doch noch die oder den Richtigen gefunden zu haben, springt ebenjener kurz vor dem ersten Arbeitstag noch aus lapidaren oder ungenannten Gründen ab. Na, herzlichen Dank auch, prosteten sich die Partygäste ironisch zu: Im Ergebnis bleibt das Team auf der Arbeit sitzen, es rufen Überstunden und Extraschichten statt Hunderunden und Gutenachtgeschichten.


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Eine folgenreiche Ankündigung

Ich spürte den gestiegenen Druck förmlich durch den Raum wabern, als er sich bei einem der Partygäste plötzlich spontan entlud. Es reiche ihm, sagte er – und kündigte vor versammelter Runde an, sich am Montag aus seiner Führungsaufgabe in der Firma zurückzuziehen. Die Überraschung war nicht nur bei seinen Bekannten und engen Freunden groß. Auch seiner Ehefrau kippte die Kinnlade nach unten. Er meine es ernst, rief er lauthals. Er wolle seine Kinder nicht mehr nur am Wochenende sehen, er wolle auch mal wieder sein Golf-Handicap  verbessern, ins Kino gehen oder sich mit Freunden treffen, er wolle raus aus dem Teufelskreis, wetterte er. Wenn Führung mit totaler Selbstaufgabe, dem Verlust von Selbstbestimmung und von Freizeit erkauft werden müsse, dann sei jetzt die Zeit gekommen, zu verzichten.

Das war Partystimmung live, wenn auch auf unerwartete Art. Wir waren fast geneigt zu applaudieren vor so viel Entscheidungskraft und Tatendrang.

Der Abend ging, der Sonntag kam. Und da wir miteinander befreundet sind, meldete ich mich in aller Ruhe noch einmal bei ihm und hakte nach. Ich fragte ihn, ob seine Ankündigung ernst gemeint sei und dies die richtige Lösung für ihn sei. Und wie so oft zeigte sich: Die Angelegenheit war natürlich nicht nur schwarz oder weiß. Eigentlich liebe er sein Team und seine Kollegen. Die Führungsaufgabe selbst mache ihm ja auch Spaß, brummelte er ein wenig reumütig.

Ich muss nicht erwähnen, dass mein Coaching-Herz hier zugeschlagen hat. Wir sprachen daraufhin noch zwei Stunden über alternative Lösungsmöglichkeiten und gingen dem Frust auf den Grund.

Neue Möglichkeiten – Neujahrsvorsätze

Das Ergebnis? Ich mache es kurz: Heute bekam ich einen Anruf, dass er mit seiner Firma eine 4-Tage-Woche ausgehandelt hat – und zwar als Führungskraft. Was noch vor Tagen unmöglich schien, ist eingetroffen: Seine Firma will unbedingt an ihm als Person und Führungskraft festhalten und nun mit ihm gemeinsam einen Umsetzungsplan ausarbeiten. Aus einer frustrierten, scheinbar aussichtslosen Lage, einem unverhofften Entschluss auf einer Party und einigen sortierten Coachingfragen sind ungeahnte neue Möglichkeiten erwachsen.

Und jetzt? Freude, Hoffnung und Motivation sind groß – ebenso wie noch immer das Erstaunen über den plötzlichen Sinneswandel. Geht doch!

In diesem Sinn: Ein glückliches neues Jahr 2023 – und glauben Sie an Ihre Träume!