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Jetzt oder nie: Digitale Organisationen brauchen eine starke Unternehmenskultur.

Harald A. Summa gehört zu den bedeutenden Pionieren der deutschen Internetlandschaft und gründete 1995 den eco-Verband der deutschen Internetwirtschaft e.V., dem heute größten Zusammenschluss der Internetwirtschaft in Europa. Anlässlich des 20jährigen Bestehens des eco-Verbandes sprach die IPA-Redaktion mit dem digitalen Visionär darüber, wie der digitale Wandel unsere Kommunikation beeinflusst und welche Veränderungen in der Unternehmensführung notwendig sind.

 

Herr Summa, wir alle haben in den letzten Jahren das rasante Wachstum des Internet erlebt. Beruflich wie privat ist unser Alltag ohne das Internet kaum vorstellbar. Wie verändert aus Ihrer Sicht die Digitalisierung unser Kommunikationsverhalten und die Unternehmenskulturen?

Arbeit und vor allem Arbeitsbeziehungen werden insgesamt virtueller und indirekter, auch weniger persönlich. Bedingt durch die fortschreitende elektronische Kommunikation können wir asynchron kommunizieren und ortsunabhängig miteinander arbeiten. Das hat viele Vorteile. Aber gerade die erhöhte Geschwindigkeit birgt die Gefahr, dass wir reaktiver, kurzatmiger und unreflektierter kommunizieren. Oft wird aus dem Zusammenhang geantwortet, es fehlt die Tiefe oder auch der Blick für das große Ganze eines Sachverhaltes. Probleme werden dadurch nicht ganzheitlich gelöst, manchmal sogar nur per „cc“ weitergeleitet.

 

Wie müssen Organisationen geführt werden, damit sie die Vorteile der Digitalisierung nutzen können?

Manager müssen ihre Teams mehr über eine gemeinsame Idee und Visionen führen anstatt über Listen und Kennzahlen. Gerade wenn der persönliche Kontakt geringer wird, die Geschwindigkeit dank digitaler Prozesse immer schneller wird, braucht es ein verbindendes Element, eine gemeinsame Ausrichtung und Ziel. Die Basis dafür ist der Aufbau gegenseitigen Vertrauens und ein klares Commitment innerhalb der Organisation.

 

Haben sich die Erwartungen der Mitarbeiter an ihre Führungskräfte in den letzten Jahren verändert?

Mitarbeiter erwarten heute mehr Mitbestimmung und Freiheit, um ihre Potenziale voll entfalten zu können. Und das gilt nicht nur für die vielbeschriebene Generation Y. Individualisierung und Teamspirit sind keine Gegenpole, vielmehr müssen wir Unternehmer Räume schaffen, in denen Menschen sich zum Austausch von Ideen und Lösungsansätzen begegnen oder aber auch zum Nachdenken zurückziehen können – virtuell wie real. Darauf haben wir bei der Planung unserer Büros in Frankfurt, Berlin und Köln großen Wert gelegt.

 

Was bedeutet es für die Kommunikation, dass Mitarbeiter dank Internet heute auf fast jedes verfügbare Wissen zugreifen können?

Mitarbeiter und Führungskräfte sind heute viel mehr auf Augenhöhe, mehr Menschen können sich qualifiziert austauschen – und das ist gut für innovative Lösungen. Selbstverständlich braucht die Abstimmung mit vielen auch mehr Zeit und ist nicht immer konfliktfrei. Deshalb sind soziale Kompetenzen immer noch so  wichtig.

 

Sie haben den eco-Verband vor 20 Jahren mit zwei Mitarbeitern gegründet. Heute sind es rund 100 Mitarbeiter an drei Standorten.  Was sind rückblickend Ihre wichtigsten Erfahrungen?

Je größer wir werden, umso deutlicher wird die Bedeutung von Themen wie Kultur und Führung. Ohne diese Eckwerte gelingt weder Zusammenwachsen noch wirtschaftliches Wachstum. Deshalb haben wir gemeinsam mit dem IPA im Rahmen des Digital Leader Programmes Führungsleitlinien erstellt. Teil unserer Unternehmenskultur ist, dass wir uns stetig weiterentwickeln und immer wieder ausloten, wofür wir stehen. In diesem Prozess haben wir uns in intensiven Gesprächen auf Haltungen und Einstellungen verständigt, wie wir unsere Teams und Mitarbeiter gemeinsam führen wollen.

 

Braucht es denn überhaupt noch Führung in einer modernen Organisation?

Führung ist für mich ganz wichtig. Und nicht nur eine Sache der Führungskräfte. Führung und Selbstführung sind für mich Bestandteil jedes Jobs bei uns – so gesehen sollte jeder in seinem Bereich führen: egal, ob es um ein Thema, ein Projekt oder ein internes Team geht. Mit der Führung wächst die Verantwortung. Das ist auch einer der zehn Punkte unserer Leitlinien, der mir besonders am Herzen liegt. Uns ist es wichtig, dass wir uns der Verantwortung stellen, aktiv zu führen. Und gleichzeitig bei unseren Mitarbeitern eigenverantwortliches und selbstständiges Handeln fordern und fördern. Wenn wir das umsetzen, sind wir bestens gerüstet.

 

Das Interview mit Harald Summa ist erstmalig erschienen im IPA Institutsbrief „New Work“.